12. Dezember 2020, im Internet
Moin ihr,
uns freut jedes Mal, wenn eine unserer Tastingideen erst zur Umsetzung gelangt und dann beim Publikum auch noch wirklich gut ankommt. Das war beispielsweise im Dezember letzten Jahres der Fall: unser damaliger ‚Whiskywettstreit‘ hat dem einhellig sehr positivem Feedback nach sehr gefallen.
Da auch wir auf der Bühne massig Spaß hatten, beschlossen wir, uns im Dezember diesen Jahres, also nun ein Jahr später, in einen zweiten Wettstreit zu begeben. Um das Ganze maximal spannend zu gestalten, wiederholten wir nicht schlicht das Konzept von 2019, sondern hatten uns als modus operandi etwas Neues überlegt.
Was sollte geschehen?
Antreten im diesjährigen Wettstreit sollten drei zu allem entschlossene Whiskynerds: Fanjoscha ‚Joschie‘ Bieder aus Leer, Horst ‚whisho‘ Bielefeld aus Schortens sowie Oliver ‚krimoldo‘ Ferdinand aus Varel. Vorjahressieger Seb Bley sollte durch den Abend führen.

Jeder der drei Kombattanten hatte für diesen Abend ein persönliches Wettkampfbudget in Höhe von 200 € erhalten, mit welchem er zwei spannende Whiskys kaufte: einer nichtrauchiger, einer rauchiger Natur. Die gewählten Whiskys waren den anderen Wettkämpfern nicht bekannt. Das Spannende an diesem Modus: wie die Wettkämpfer ihr Budget aufteilten, um um die Gunst des Publikums zu ringen, blieb ganz ihnen überlassen. Ob jemand bsp. auf eine 30-€-Flasche und eine 170-€-Flasche als Strategie zum Sieg setzen würde? Durchaus möglich.
Der Ablauf des Abends
Vorab war ausgelost worden, in welcher Reihenfolge die drei Wettstreiter in den Ring traten. Sie sollten den Gästen nacheinander ihren ersten Whisky einschenken und diese davon zu überzeugen versuchen, das dieser Dram das absolute Ultimo in seiner Preisklasse darstellte. Nachdem das Publikum, die drei Erstrundenwhiskys verkostet hatte, sollte in geheimer Wahl die Punktevergabe für die drei Whiskys erfolgen.
Go!
Mit der Sendung eines gut anderthalbstündigen Podcasts zum Thema Whisky konnten sich interessierte Gäste inhaltlich vor Beginn des Tastings inhaltlich aufwärmen. Um 19.30 Uhr dann startete nach kurzer Vergewisserung der Tatsache, dass man sich später wieder live und vor Ort sehen würde ?, der Tastingabend.
Change of plans
Da das Tasting COVID-19-bedingt nicht vor Ort stattfinden konnte, wurde die Handhabe für die Abstimmungen weg von ‚freier, geheimer und gleicher Wahl vor Ort‘ kurzerhand geändert und spontan der ‚Reguvision Dram Contest‘ ausgerufen: alle Gäste sollten bei offener Bekanntgabe ihres Votums ganz wie beim Eurovision Song Contest je 8, 10 und 12 Punkte für die Wettkämpfer vergeben können.

Den Anfang machte Fanjoscha Bieder – welcher mit einem Sherry-gereiften Highland Park Dark Origins den Startschuss des Wettbewerbs gab und damit die Erstbefüllung der Gläser gewährleistete:

Ein toller Einstiegswhisky aus dem Sherryfass mit toller Backgroundstory:
Fanjoscha Bieder
Magnus Eunson war Pastor auf Orkney und hat an der Stelle, wo heute die Brennerei Highland Park steht, schwarz gebrannt. Die Engländer haben damals dort extra besteuert und deshalb sah es der Pastor als seine Pflicht an, seine Schäfchen zu versorgen.
Diese Abfüllung soll an den Entstehungsursprung der Brennerei erinnern.

Zwei weitere Whiskys sollten in Runde 1 noch folgen – Portreifungsfanatikerliebhaber Horst Bielefeld wählte die zweite Abfüllung des Abends, einen Tullibardine – natürlich aus einem Port Wine Hogshead:

Nase:
Leichter Alkohol, deutliche süßlich, aromatische Portfrüchte, leicht birniger Einfluss.Mund:
Volles Fruchtaroma, Port Noten kommen schön durch, ölig, Süße, Kräftiger Alkohol aber sehr gut eingebunden.Abgang:
Horst Bielefeld
Kräftiger, fruchtiger süßer Abgang der lange anhält.

Der letzte Whisky der ersten Wettkampfrunde stammte von Oliver Ferdinand. Der Altjührdener setzte wie auch Joschie auf eine Sherryfass-Reifung – in Form eines Balvenie Single Barrel:

Nase:
deutliche Sherrynote
dunkle fruchtige Süße
Rosinen vielleicht Kirschen
etwas Orange
angenehme Eichenwürze dahinter
tolles AromaGeschmack:
deutliche Sherrynote
kräftiger süß-würziger Antritt
Süße , dunkle Früchte
die Eiche kommt deutlich durch – sehr würzig
etwas IngwerschärfeDanach:
Oliver Ferdinand
Sherrynoten
würzig, etwas Kaffee
dezente Süße

Nachdem alle drei Whiskys verkostet waren, trat das Publikum zur Abstimmung. Der Reihe nach wurden alle Gäste befragt und vergaben ihre Punkte.
Wo standen wir?
Nach knapp einem Drittel abgegebener Stimmen gab Wahlleiter Matthias Uphoff Einblick in den Zwischenstand:
Horst lag mit 72 Punkten knapp hinter Joschie, welcher mit 76 Punkten das Feld anführte – während Oliver mit 62 Punkten etwas zurück lag.
Das Endergebnis für Runde 1 wurde nach Abgabe aller Stimmen nicht bekannt gegeben – stattdessen sollten zur Steigerung der Spannung nach einer kurzen Halbzeitpause direkt die Whiskys der zweiten Runde – dieses Mal rauchige Abfüllungen – genossen werden.
Auf zu Runde 2
In umgekehrter Reifenfolge traten die drei Wettkämpfer erneut an. Oliver Ferdinand legte mit einem absoluten Klassiker vor – einer Lagavulin Distillers Edition:

Nase:
Sherry süß, Rauch,
Lagerfeuer, ich sag gerne Kabelbrand zum Laga, so auch hier
Der kommt selbst durch meine dichte Nase durch.
Sherry ist schön weich, gut eingebunden.Geschmack:
Asche, Rauch,
Sherry süß,
ist schön weich, gut eingebunden
leicht würzig
Wenig alkoholischDanach:
Oliver Ferdinand
Rauch, Räucherschinken,
würzige Eichennoten,
leicht fruchtig süß, Sherry geht zurück

Es folgte der zweite Whisky von Horst Bielefeld. Wie hätte es anders sein sollen: eine zweite Portreifung floss in die Gläser der Gäste, ein Ledaig von 13 Jahren Alter aus einem Port Pipe:

Nase:
Maritimer Torfrauch, Schinkenspeck, Portfrüchte.Mund:
Rauch, ölig, cremig, rote Fruchtaromen, Portnoten verteilen sich mit Rauch im ganzen Mund und ver binden sich mit dem toll eingebundenen Alkohol.Abgang:
Horst Bielefeld
Langer Abgang mit süßem Rauch, Fruchtigkeit bleibt bis zum Schluss.

Mit Spannung wurde dann der letzte Whisky des Abend erwartet: womit würde Fanjoscha Bieder seinen zweiten Anlauf nehmen? Der Leeraner griff zu einem Port Charlotte – dem 2020 in der ‚Cask Exploration Series‘ erschienenden und Olosoro-Sherry-gereiften OLC:01:

Ein genialer Whisky mit toller Nase, der Alkohol ist megagut eingebunden, dazu sehr transparent. Ich als Port Charlotte Fanboy bin sehr zufrieden mit dieser Wahl … 🙂
Fanjoscha Bieder

Als auch dieser Dram probiert und schließlich alle Gläser geleert waren, schritt das Publikum erneut zur Abstimmung. Nach knapp einem Drittel ausgezählter Stimmen präsentierte Wahlleiter Matthias Uphoff erneut ein Zwischenergebnis.
Horst Bielefeld kam auf 70 Punkte, während Joschie mit 78 Punkten die Nase vorn hatte. Erneut etwas zurück auf dem dritten Platz mit 62 Punkten: Oliver Ferdinand.
Als schließlich alle Stimmen abgegeben und die Punkte aus beiden Runden summiert waren, gelangte ein spannendes Rennen an sein Ende – an dem es hieß:
Platz | Wettkämpfer | Punkte |
1 | Horst Bielefeld | 536 |
2 | Fanjoscha Bieder | 510 |
3 | Oliver Ferdinand | 454 |
Unter dem Applaus aller Gäste sowie seiner Mitbewerber nahm Horst seine verdiente Ehrung entgegen:

Einer noch!
Wie es sich für ein öffentliches Tasting der regulars gehört, kam am Ende noch ein Bonusdram zum Ausschank – wie es der Zufall wollte, war durch die Wettkämpfer hierfür im Vorfeld gemeinschaftlich eine von Sieger Horst Bielefeld vorgeschlagene Abfüllung gewählt worden, der Laphroaig Càirdeas von 2014:

Nase:
Milder Rauch, fruchtige Sherrynote, leichte Süße, Karamell, Kaum Alkohol.Mund:
Schöne Sherrynoten ohne Schwefel, leicht Karamell, Honignoten, Eiche.Abgang:
Horst Bielefeld
Langer Abgang mit leicht süßen, fruchtigen Sherrynoten und angenehmen Rauchnoten.

Die gesamte Gästeschar freute sich über die fantastische Zugabe – war der 2014er Laphroaig doch im Amontillado-Sherryfass ausgebaut und von exzeptioneller Qualität. Dank dem edlen Spender!
Eine Frage blieb …
Auf die Frage, ob solch ein interner Wettkampf unter Freunden Schaden hinterlassen kann, konnte übrigens glücklicherweise volle Entwarnung gegeben werden:

Es wurden im Wettkampf sechs tolle Abfüllungen präsentiert, das Rennen zwischen Erst- und Zweitplatziertem war denkbar knapp – und mehr Spaß hätte man nicht daran haben können. Grund genug sich diese besondere Veranstaltung unsererseits auch für den Tastingkalender im Dezember 2021 schonmal mit Bleistift vorzumerken.
Herzlicher Dank gilt unserem Publikum, welches genau die Jury, die dieser Wettkampf verdiente, stellte. Ebenfalls Dank gilt unseren drei engagierten Wettkämpfern, die mit viel Elan und Spaß an der Sache einmal mehr ein großartiges Whiskytasting kreiert haben.
Wenn ihr mögt, sehen wir uns im Februar wieder – bleibt gesund!
Seb und die regulars
Ach ja: falls dir unser Blog gefällt und du informiert werden möchtest, wenn ein neuer Artikel erscheint, besteht hier die Möglichkeit dazu.
2009 hat Seb ersten ernsthaften Kontakt zu Single Malt, er infiziert sich instantan mit dem Whiskyvirus. 2012 initiiert der Leeraner die Gründung der regulars, seitdem verantwortet er die Kernorganisation des ostfriesischen Whiskybundes. Mehr als 3.000 verkostete Whiskys sowie viele besuchte und selbst organisierte Whiskyveranstaltungen lassen Sebs Passion heute stärker lodern denn je.